Am 28. November 2017 befinde ich mich sage und schreibe zwei Jahre auf Weltreise. Zwei Jahre, in denen ich 15 Länder auf drei Kontinenten bereist habe und in denen ich unglaublich glücklich war und bin – trotz aller Höhen und unerwarteten Tiefen, die einen krassen Gefühlsstrudel ausgelöst haben. Ich habe auf einer Indischen Hochzeit getanzt, eine zehntägige Schweigemeditation miterlebt, tibetische Klöster besichtigt, die Full Moon Party mitgefeiert, Wildwasser-Rafting mitgemacht, mit Händen gegessen, habe einen schwimmenden Markt besucht, bin durchs Outback gecruist und habe mir eine Aufführung in der Oper von Sydney angeschaut. So viele Highlights und die Erkenntnis, dass es das Schönste ist, genau das zu tun, was ich will, haben mich endlich zufrieden werden lassen. Zwei Jahre auf Weltreise waren meine Lösung. Zwei Jahre, in denen ich gewachsen bin und zu der Person wurde, die ich eigentlich immer war. Zwei Jahre, die mir gezeigt haben, dass ich keine auf Zeit begrenzte Reise machen will, sondern aus einer Weltreise eine Dauerreise machen möchte. Reisen ist das, was meinem Leben den Sinn gibt, als Abenteuer auftritt und mich nicht nur tief berührt, sondern auch noch überraschen kann. Vielleicht kann dich mein Resumé dazu inspirieren, auch Deine Reise zu starten?

Innerlicher Wachstum: was das Reisen mit mir gemacht hat

Seitdem ich reise, habe ich mich um 180 Grad gedreht und positiv dahingehend verändert, dass ich endlich ganz bei mir selbst angekommen bin. Die Person, die ich im November 2015 war, bin ich heute nicht mehr. Damit einhergehend kam das Gefühl einer großen Befriedigung, weil ich endlich in der Lage war, meine Reiseträume aktiv zu leben und endlich zu 100% genau das zu tun, was ich machen wollte – und nichts anderes. Ich bin super glücklich, dass ich die Welt so bereisen kann, wie ich es möchte und je mehr ich sehe, desto befriedigter werde ich. Mit diesem Gefühl der Befriedigung geht eine große Ruhe einher, die mich hat entspannter werden lassen. Früher war ich immer ganz aufgeregt und aufgedreht, weil ich tierische Angst davor hatte zu sterben, bevor ich die Welt gesehen hatte. Es klingt komisch, aber die Möglichkeit, meine Träume nicht vor meinem Tod leben zu können, weil ich erst so viele Pflichten erledigen musste, haben mich zu einem übernervösen, aufgeregten Menschen werden lassen, der sich erst nach einem Jahr Dauerreisen beruhigen konnte. Ich bin entspannter, plane weniger und habe es geschafft, loszulassen und das Gefühl zu entwickeln, dass mir Dinge egal sind. Wo ich früher ein Heidentheater hätte veranstalten können, steht nun das angenehme Gefühl der Egalität, was ich seit Jahrzehnten fühlen wollte. Denn sind wir mal ehrlich: wie viele Dinge, um die wir uns sorgen, sind eine wirklich ernsthafte Bedrohung und einen Gedanken wert?

Ich bin nicht nur ruhiger und ausgeglichener geworden, sondern bin endlich den Stress losgeworden. Uni, mein Studentenjob, mein Modeljob, Privatprojekte, Alltagspflichten und mein Privatleben haben mir seit jeher einen riesigen Stress bereitet, da es nicht einfach war, alles unter einen Hut zu bekommen und nebenbei erwachsen zu werden. Das Wort „Langeweile“ ist etwas, was ich überhaupt nicht kenne. Das letzte Mal gelangweilt habe ich mich glaube ich mit 12 Jahren. Kein Wunder, dass ich total gestresst und dauer erschöpft von dem Input war, der jahrelang auf mich einprasselte. Ganz besonders zum Ende meines Studiums, als ich zeitgleich Geld für den ersten Teil der Reise ansparen wollte, wurde der Stress unaushaltbar. Ich habe sechs Monate gebraucht, um nicht mehr dauerhaft müde, erschöpft oder krank zu sein. Sechs Monate habe ich jeden Tag zehn bis zwölf Stunden je nach Machbarkeit geschlafen (natürlich ging das aufgrund verschiedener Orte nicht immer), um meine seelische Erschöpfung loszuwerden. Das fand ich super erschreckend! Doch je länger ich unterwegs war, desto mehr Kraft schöpfte ich, desto wacher und fitter wurde ich. Ich möchte nie, nie wieder in eine Situation kommen, in der Körper und Seele erschöpft und krank sind von einem stressvollen Leben, was ich so gar nicht leben möchte.

Jacqui steht vor dem Opernhaus in Sydney 2016.Nicht wie nach meinen Vorstellungen, aber eine Reise wert: Sydney muss einfach einmal im Leben besichtigt werden! 

Positive Realität: die schönsten Weltreise-Gefühle

Für mich ist es das schönste Gefühl im Leben, fremde Länder zu erkunden, berühmte Städte, atemberaubende Landschaften, historische Orte und fremde Kulturen zu sehen, die ich sonst nur aus Büchern oder aus Dokumentationen kannte. Ich bin begeistert, wenn ich fühlen darf, wie andere Menschen in anderen Kulturen und Ländern auf anderen Kontinenten leben und ich will alles sehen, erfahren und mitmachen. Tibetische Mönche in China beten sehen, in Indien auf dem Trittbrett in der offenen Tür der komplett vollgestopften Vorortzüge hängen, Eimerduschen machen statt Duschapparaturen zu benutzen, mit den Händen essen, in Spielhöllen asiatischer Malls mit Schulkindern zocken, Ruinen entdecken und lernen, mit einem Roller auf asiatische Art und Weise über die Straßen zu fahren – mein Gott, das gibt mir den größten Kick und das größte Glücksgefühl ever! Ich ziehe so viel Lehre, so viel Befriedigung und so viel Glückseligkeit aus dem Reisen, dass es das einzige ist, von dem ich weiß, dass ich es mein Leben lang tun werde, bis ich auf Reisen sterben werde. Reisen ist nach meiner von Exzesssucht geprägten Jugend und meinen wilden Zwanzigern das einzige, verbliebene Abenteuer meines Lebens neben Liebe- nichts anderes im Leben macht mich so vollkommen und zufrieden! Denn alles andere habe ich schon getan.

Ein anderes Glücksgefühl ist, dass ich mich durch die Reise zu 100% gefunden habe. Ich habe mich zwar schon immer intensiv mit mir selbst befasst, doch ganz mit mir selbst konfrontieren konnte ich mich nie. Im Alltag Zuhause fehlt einem auch der nötige Abstand und die nötige Zeit, um sich klar zu werden, wer wir sind und was wir mit unserem Leben anstellen wollen. Da jeder Mensch auf Reisen ziemlich direkt und auswegslos mit sich selbst konfrontiert ist, geschieht eine Selbstfindung schneller und genauer, als Zuhause. Ich bin nicht nur in der Lage zu definieren, was ich 100%ig will und was nicht, sondern hatte auch endlich den Mut, meine eigentlichen Herzenswünsche auszusprechen und einfach das zu tun, was ich wirklich will: zum Beispiel dauerhaft um die Welt zu reisen und zu arbeiten und nicht wieder nach Berlin zurückzukehren. Zwar haben mir viele Menschen oft gesagt, dass sie es bewunderten, wie strikt ich an mich selbst glaube und wie eisern ich meine Träume lebe, doch habe auch ich mich beeinflussen lassen und auch ich habe mich dem Gesellschaftsdruck unterworfen gesehen, weswegen ich mich nicht getraut habe, meine Weltreise von Anfang an ohne Enddatum laufen zu lassen. Es hat 27 Jahre gedauert, bis ich gelernt hatte, dass es okay ist, ein Leben zu führen, was andere nicht verstehen und dass ich auch nicht zurückkommen muss, nur weil irgendjemand das gern so möchte oder „weil es so gemacht wird“.

Das Vipassana-Zentrum in Gambang, Malaysia, 2016.Eine der schönsten Erfahrungen meiner Reise: meine zehntägige Schweigemeditation in Malaysia.

Wenig negativer Input: ein neues Gefühl von Alltag

Neben diesem Glücksgefühl ist es für mich auch eine wundervolle Erfahrung, nicht zu wissen, welcher Tag es ist, welches Datum und welche Uhrzeit. Wenn ich einfach nur nach meiner inneren Uhr leben darf, die so viel ruhiger tickt als diese, der ich in Berlin folgen musste. Tage verrasten, ohne jemals da zu sein und die Uhr rotierte 24 / 7 gegen mich. Die Zeit war mein ständiger Feind und jede Woche gab es eine neue Deadline, was für mich kein angenehmes Lebensgefühl war. Montage waren mein größtes Unglück und alles war geprägt von Stress, Hetze und Termindruck. Seitdem ich reise, habe ich nur noch in Arbeitsphasen ein Zeitgefühl, ansonsten nicht mehr. Ich habe meine Armbanduhr abgelegt und nach Hause geschickt und ich genieße jeden Moment, in dem ich nicht weiß, welcher Tag es ist und welche Uhrzeit. Ich genieße die Momente, in denen der Montag kein Hassobjekt mehr ist und in denen die Zeit nicht mein größter Feind ist. Auch genieße ich es, dass ich bis auf den jetzigen Herbst/Winter oft nicht einmal weiß, welcher Monat es ist, da ich – bis auf den Abstecher nach Europa –  nur noch eine Jahreszeit erleben durfte: meinen Liebling, den Sommer. Ich liebe zwar auch den Herbst, doch nach zwei Wochen ist es dann auch wieder gut und ich vermisse die strahlende Sonne und zartwarme 35 Grad, wo mir endlich mal nicht kalt ist. Das beste Wetter ist für mich dann, wenn ich nur Tanktop, Hotpants und Flip-Flops brauche.

Was ich in ebenso vollen Zügen genieße, ist die Tatsache, dass ich kaum noch ernstzunehmende Verpflichtungen habe. Natürlich steht die akribische und aufwendige Suche nach einem gut bezahlten Job an oberster Stelle, um mir in Arbeitsphasen wieder eine neue Reise-Summe ansparen zu können, doch war das dann auch schon das einzige, worum ich mich wirklich gut kümmern muss. Ich habe keinen Stress mit überirdisch hohen Mietkosten, die einem minimalen Gehalt gegenüberstehen, keine Angst mehr vor einer realistischen Gentrifizierungs-Bedrohung; muss mich nicht mit steigenden Energiekosten, Telefonrechnungen oder der lieben GEZ herumärgern. Nirgendwo mehr gemeldet zu sein, alles gekündigt und aufgegeben zu haben und zu wissen, dass ich einfach meinen Rucksack packen und abhauen kann, wenn ich keine Lust mehr habe, ist das geilste Gefühl überhaupt!

Jacqui besichtigt die Christchurch Kathedrale in Dublin, Irland, 2017.Heimatliche Europa-Luft schnuppern: Irland wurde 2017 in die Liste meiner europäischen Lieblingsländer aufgenommen.

Die größte Überraschung der Reise: mein neuer Partner

Womit ich nie im Leben gerechnet hätte war, dass ich mich im Reiseverlauf von meinem Ex-Freund getrennt habe, mit dem ich die Reise begonnen hatte. Mein Ex-Freund war ein lieber Mensch, doch leider hat es mit uns beiden aufgrund verschiedener Lebenseinstellungen nicht geklappt. Nachdem für mich klar war, dass ich keine auf Zeit begrenzte Reise machen will und Dauerreisende sein will, war die Entscheidung schon unbewusst gefallen, dass ich so leider nicht in meiner Ex-Beziehung bleiben konnte, da er nach einiger Zeit unbedingt wieder zurück nach Berlin wollte. Noch dazu war es für mich schwierig, am Ende mit ihm zusammen zu sein, weil ich mich von Anfang an offen und begeistert den innerlichen Veränderungen hingegeben hatte, die Reisen nun einmal mit sich bringen, und dadurch ein ganz anderer Mensch geworden bin. Die Person, die er 2014 kennen lernte, gab es nicht mehr und leider wurde dies nicht sonderlich bemerkt oder begrüßt.

Ziemlich zeitnah habe ich nach dem Beenden meiner Beziehung meinen neuen Partner kennengelernt, der meine Lebensansichten teilt und wie ich dauerhaft rund um die Welt leben will und auch sonst eher so ist, wie ich es bin. Weil ich damit nicht gerechnet hatte, weil das wie ein Sechser im Lotto war, fuhr ich 2016 die größte Gefühlsachterbahn seit meinen Anfang Zwanzigern, was mich in meinen Grundfesten aus verschiedenen Gründen erschüttert hat. Und auch, wenn einige meinten, die Romanzen sei spurlos an mir vorbeigegangen, der irrt. Ich habe an der Trennung lange zu knabbern gehabt – auch, wenn ich mit meinem neuen Freund mehr als glücklich bin und ich letzendlich die Beziehung gefunden habe, die ich mir schon damals mit 14 Jahren immer erträumt hatte. Dass ich jemand Neuen gefunden habe, der zu mir passt, ist nichts, was ich angestrebt habe. Es ist mir einfach passiert und daher war die Zeit von Ende 2016 bis zum Spätsommer 2017 die  gefühlsintensivste Zeit der ganzen Reise bis jetzt!

Jacqui und James erkunden das Schloss von Windsor, England, 2017.Niemals ruhen, denn es gibt so viel zu sehen: James und ich besuchten diesen Herbst das Schloss von Windsor. 

Traurige Abschiede: manchmal ist es doch für immer

Eine große Enttäuschung für mich war zu sehen, wie wenig Freunde übrig bleiben, wenn sich jemand entscheidet, einen Traum zu leben, der an einen anderen Ort gebunden ist. Natürlich sagen alle beim Abschied, wie sehr sie uns lieben und dass wir immer Kontakt haben werden, doch seltsamerweise kamen solche Aussagen von Leuten, die als erstes den Kontakt eingestellt und auch keinerlei Interesse gezeigt haben, wenn ich mich gemeldet habe. Ich habe erkannt, dass einige Freundschaften nur funktionierten, weil ich die einzige Person war, welche die Beziehung aktiv aufrechterhalten hat. Es hat mich verletzt und enttäuscht, dass aus Freunden Bekannte und aus Bekannten Unbekannte wurden, die kein Interesse an Freundschaften haben, die über die Stadtgrenzen hinausgehen.

Auch erschien es einigen wohl so, dass mein Reisebedürfnis etwas sei, was dann nach ein paar Monaten gestillt ist und dann als abgehakt gilt. Dass ich doch aber mehr will als das, ist irgendwie teilweise gar nicht hängen geblieben und das hat mir gezeigt, dass mir einst sehr vertraute Personen keine Ahnung hatten, wer ich eigentlich bin und warum ich mein Leben so lebe, wie ich es tue. Dass sie die Worte, die ich sprach, nur gehört, aber nicht verstanden hatten. Das hat mich verletzt. Doch trotz der Dezimierung meines Freundeskreises hat mir die Reise auch gezeigt, wer meine wahren, verbliebenen Freunde sind und auf wen ich mich immer verlassen kann. Ich brauche niemanden in meinem Leben, bei dem ich gleich aus dem Sinn verschwinde, sobald ihre Augen mich nicht mehr wöchentlich sehen.

Dumm gelaufen: meine herbste Reise-Enttäuschung

Meine einzige Reise-Enttäuschung war derweil Australien, womit ich nie im Leben gerechnet hätte. Zwar fand ich gefallen an den Landschaften, den Weltmetropolen wie Melbourne und genoss Meilensteine meines Lebens, als ich endlich das Opernhaus von Sydney sah und Kängurus im Outback entdeckte. Doch Australien und ich sind nie wirklich Freunde geworden. Zum einen gefiel mir die Art und Weise der Einheimischen nicht, zumal ich in meiner ganzen Reise-Karriere noch nie auf so rassistische, fremdenfeindliche und sexistische Menschen getroffen bin, die dies ganz öffentlich zur Schau stellen. Zum anderen ist Australien wirklich unglaublich teuer, was ich natürlich vorher gewusst habe, doch vor Ort ist das noch einmal ganz anders. Ich würde nie mehr nach Australien fahren, ohne vorher 10.000 Euro angespart zu haben, denn diese reichen nur wenige Monate. Schon allein Lebensmittel sind so teuer, dass Abstriche gemacht werden müssen, wenn nur ein Budget, aber kein Job vorhanden ist. Ich persönlich finde es anstrengend, täglich um normale Dinge zu kämpfen und an Sachen sparen zu müssen, die eigentlich essentiell sind. Zu überlegen, ob ich Paprika oder Kartoffeln kaufe und ob es nicht auch eine Dosensuppe tut. Ohne ein krasses Backup wird es schnell sehr unangenehm.

Unsere bunte Hochzeitstruppe mit dem Brautpaar in Chennai, 2016.Gewisse Gelegenheiten ergeben sich nur einmal im Leben – so wie die Indische Hochzeit meiner Freunde aus Chennai.

Auch fand ich mich mit der Tatsache konfrontiert, dass es in Australien eben nicht Jobs wie Sand am Meer gibt und die Jobsuche super schwierig ist, da Backpacker*innen eher unbeliebt sind und im Grunde genommen komplett in die Farmwork-Schiene gedrückt werden. Trotz gutem Lebenslauf war es unmöglich, für mich einen Job zu finden – und das in den großen Städten, wo es angeblich genug Arbeit gibt. Ich musste also Farmwork machen, was ich teils in einer Fabrik, teils auf Feldern geleistet habe. Farmwork war die schlimmste und anstrengendste Arbeit, die ich jemals gemacht habe und die Bezahlung und die Behandlung durch die Arbeitgeber ist unter aller Sau. Viele Unternehmer und viele Firmen sind kriminell und nehmen Backpacker*innen gezielt aus. Was mir blieb, war die Tatsache, dass die Fabrik, die als seriös in Erscheinung trat, mich und alle anderen aus meinem Working-Hostel in die falsche Steuerklasse eingetragen hatte, sodass wir alle mehrere Tausend Dollar nachzahlen sollten, was aber natürlich niemand gemacht hat.

Der andere Farmbesitzer hat sich all meine Steuern eingesteckt, was ich erst bemerkt habe, als er mir meinen angeblichen Payslip zukommen ließ, der ein handgeschriebenes Papier mit einer Zeile war. Meine Anzeigen bei der Polizei hat niemand ernst genommen, was zum einen daran liegt, dass es Backpacker*innen wie Sand am Meer gibt und der nächste den Job ohne Mucken macht, und zum anderen, weil Reisende generell unbeliebt sind und es irgendwie kein großes Ding ist, dass Nicht-Australier*innen ausgenommen und schlecht behandelt werden. Wie sagte ein Einheimischer zu mir? Kannst ja wieder gehen, Du dumme, deutsche Fotze. Das spricht Bände! Vermutlich habe ich einfach nur großes Pech gehabt, doch habe ich im Verlauf einige Backpacker*innen getroffen, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten. Und kommen dazu noch eine Autopanne, Strafzettel oder die Tatsache, dass mein Freund kein zweites Visum bekommen hatte, weil er zum einen in Thailand geboren ist und zum anderen selbst schuld sei, weil er einer Bezahlung beim Farmwork unter dem Mindestlohn (die illegal ist, aber doch akzeptiert wird) zugestimmt hatte und somit all seine Arbeit nicht anerkannt werden könne (was das Absurdeste ist, was ich jemals gehört habe), ist die Reise eigentlich ruiniert.

Jacqui sitzt auf ihrem Auto im Outback von South Australia, 2016.Trotz herbster Reise-Enttäuschung war das australische Outback und mein Roadtrip wunderschön! 

Wie viel die Reise bisher gekostet hat

Ich verließ Deutschland im November 2015 mit 10.000 Euro. Abgesehen von Australien, was mir ein tiefes Loch in die Kasse gerissen hat, obwohl ich im Auto und Zelt gewohnt habe und oft bei Second Hand Obst- und Gemüseläden eingekauft habe, war die Reise eigentlich günstig. In neun Monaten Asien habe ich etwa 7.000 Euro ausgegeben, was einem Monatsdurchschnitt von etwa 780 Euro entspricht. Eigentlich hätte ich viel weniger ausgeben müssen, doch da ich mir einen spontanen Flug nach Indien und Sri Lanka gegönnt habe, um die Hochzeit meiner Freunde in Chennai zu erleben, sowie einige Souvenirs gekauft und Pakete nach Deutschland geschickt habe, hat sich eine höhere Summe ergeben. Je nach Land und Lebens- und Reisestandard ist es möglich, in Asien monatliche Fixkosten zwischen 300 Euro (Indien) und 600 Euro (Teile Chinas, Hong Kong) zu haben, was weit unter dem Deutschen Standard liegt. Ich habe in Asien mehr für mein Geld als in Berlin gehabt, wo mich schon allein die Miete in die Knie gezwungen hat. Meine verbliebenen 3.000 Euro habe ich in Australien in nur anderthalb Monaten an Fixkosten wie Essen, Hostelmiete und mein Auto verloren. Wäre ich nicht nach Australien gereist und hätte mir die Flug-Umwege und anderen Schnickschnack nicht erlaubt, hätten meine 10.000 Euro etwas mehr als ein Jahr gereicht. Seit März lebe ich nun in London und seit jeher habe ich nur noch eine winzige Handy-Rechnung und mein Essen zu bezahlen, alles andere ist netterweise kostenfrei, da mein Partner und ich in einem ehemaligen Familienhaus leben und ich so keine wirkliche Zusammenrechnung von Fixkosten machen kann. Daher kalkuliere ich das Budget, welches ich gerade habe, hier nicht mit ein, sondern nur meine Ausgangssumme. Da Europa und insbesondere London teuer sind, müsste hier etwa das Doppelte an Lebenshaltungskosten aufgerechnet werden, wie wir sie aus Städten wie Berlin oder Hamburg kennen.

Wie es weiter geht: meine Zukunftspläne

Nachdem ich spontan und der Liebe wegen nach London gezogen bin, weil mein Partner – wie bereits erwähnt – Probleme mit seinem zweiten Visum für Australien hatte, bin ich nun also wieder in Europa. Und weil ich die Zeit nutzen wollte, um neben dem erneuten Ansparen von frischen 10.000 Euro auch an mir selbst zu arbeiten und mir verschiedene Träume wie den Aufbau dieses Reiseblogs, dem Veröffentlichen meines ersten Buches und auch weiteren, optischen Veränderungen wie neuen Tattoos arbeiten wollte, wurde aus einem geplanten, halben Jahr ein Aufenthalt von fast zwei Jahren. Gut Ding will Weile haben und das liebe Thema Geld beschäftigt uns eben noch so lange, bis die große Summe beisammen ist. Bei den vielen Nebenausgaben trotz mietfreiem Wohnens war das in sechs Monaten nicht machbar.

Wenn mein Partner und ich im November 2018 wieder in Richtung Asien aufbrechen, haben wir bereits ein Jahr und acht Monate in England gewohnt, was für mich neu und spannend war. Denn trotz dem arbeitslastigen Alltag reisen wir weiterhin in Großbritannien herum und wir finden ebenfalls genug Zeit, ein paar Mal nach Deutschland zu fliegen, um Familie und Freunde zu treffen. Im Juli 2018 erkunden wir Portugal, wenn wir zusammen zum Boom Festival fahren – einem Festival, auf welches ich schon seit bald fünf Jahren gehen möchte. Nun wird es endlich klappen! Darüber hinaus bin ich froh, dass ich den 30. Geburtstagen meiner engsten, verbliebenen Freunde beiwohnen kann, obwohl ich jetzt Dauerreisende bin.

Jacqui mit Regenhut-Verkäufer in Peking, China, 2016.Besondere Begegnungen wie diese hier liegen mir am Herzen: der aufgeschlossene Regenhutverkäufer aus Peking.

Im November 2018 geht es über Indien nach Thailand, wo wir Weihnachten mit der Familie meines Partners feiern werden. Sobald dies geschehen ist, geht es für uns weiter nach Neuseeland, wo wir anderthalb Jahre wohnen werden. Ich freue mich ganz besonders auf mein Mutterland Indien, denn ich habe schon wieder agres Heimweh! Und auch Thailand wird wieder schön, denn neben den traumhaften Stränden im Süden möchte ich wieder an einer zehntägigen Schweigemeditation teilnehmen, um mich nach den arbeitsreichen und gefühlsgeladenen Monaten wieder zu beruhigen und zu resetten. Und glaube mir, ich kann es kaum erwarten!

 

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Kommentare:

  • 29. März 2018

    Australien klingt ja ziemlich krass. Ich dachte das ist das Land in dem Milch und Honig fließt für Work and Travel?

    Wär ja mal ein interessanter Artikel die überzogenen Erwartungen mit der Realität zu vergleichen, oder?

    Antworten

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