88 Tage Farmwork in Australien: das ist der einfachste Weg!
Wer ein zweites Working-Holiday-Visum für Australien ergattern will, der muss 88 Tage Farmwork absolvieren, was im Schnitt drei bis vier Monate Vollzeitarbeit bedeutet, je nach Art der Arbeit. Theoretisch gibt es echt schlimmere Konditionen für ein Visum, denn beim Farmwork kann gleichzeitig Geld verdient werden und damit steht für zwei Jahre Leben in Australien nicht nur das Visum bereit, sondern auch ein Budget. Doch es gibt gravierende Unterschiede im Bereich der Farmarbeit, die besser vor der Reise bekannt sind, als dann vor Ort, denn die Farmarbeit ist hart und undankbar. Damit Du bequem und vor allem leicht durch die 88 Tage kommst, habe ich Dir im Folgenden die Möglichkeiten der Farmarbeit mit Gehalt aufgelistet, gebe Dir Tipps zur Jobsuche und präsentiere Dir den einfachsten Weg, deine 88 Tage am Komfortabelsten abzuarbeiten.
Arbeiten auf Obstplantagen
Als Erntehelferin auf einer Obstplantage arbeiten war neben meinem Studentenjob bei McDonalds der anstrengendste Job meines Lebens. Der Tag beginnt bei Sonnenaufgang meist zwischen 6 und 7 Uhr und endet nicht selten vor 16 Uhr. Du bekommst einen Pflückkorb und eine Leiter und wirst von den Schichtleitern zu Deiner Reihe gebracht, die Du den ganzen Tag mit anderen Backpackern abernten kannst. Ich habe in Victoria Birnen geerntet und festgestellt, dass mir die gleißende Sonne, vor der ich mich mit langen Sachen, Handschuhen, Schal für den Nacken und geschlossenen Schuhen wie im Skiurlaub dick einpacken musste, echt nicht gefällt. Außerdem haben mich die Umstände der Arbeit auch nicht wirklich vom Hocker gerissen – ganz im Gegenteil. Den ganzen Tag die Leiter rauf- und runterkraxeln, den schweren Obstkorb in einen riesigen Bottich füllen und hin- und herrennen ist wirklich echt eine bescheidene Arbeit.
Dazu kommt, dass Ernthelfer*innen auf Obstplantagen meistens pro Eimer bezahlt werden, der je nach Obstgröße unterschiedlich ist. Für Trauben füllst Du vielleicht einen 10 Liter Eimer, in meinem Falle bekamen wir eine Bezahlung nach 33 Liter Bottich für Birnen. Der ist so groß, dass ich da drin locker schlafen könnte. Damit machst Du nun wirklich keinen Gewinn. Wer 100$ am Tag verdient hat, der war wirklich super fleißig, hat nie Pausen gemacht, konnte nicht zur Toilette gehen (wenn es dann eine gibt) und war nach der Arbeit fix und fertig. Und in einem Land, wo 100$ Einkommen am Tag nicht mal für die Grundsicherung reichen, kann nur besser gleich das Weite gesucht werden. Der einzige Vorteil als Obsterntehelfer*in ist die Tatsache, dass diese Jobs immer und überall in ganz Australien spontan verfügbar sind. Wenn du abgebrannt bist, kannst du sofort anfangen und kannst auch jederzeit wieder gehen. Theoretisch kannst Du auch jeden Tag kommen, wenn Du erst einmal auf Privatleben verzichten kannst. Außerdem kannst Du einfach schwarz arbeiten, denn auf eigentlich allen Farmen kannst Du auswählen, ob du auf ABN, TFN oder Cash-in-Hand arbeiten willst.
Ich persönlich würde nur 88 Tage auf einer Obstplantage arbeiten, wenn ich pro Stunde bezahlt werde oder in der Verpackungsabteilung in einer schattigen Fabrik arbeiten kann. Oder, wenn ich total pleite bin und kurzerhand Bargeld brauche. Jobs auf Obstplantagen findest Du ganz einfach bei Gumtree oder Indeed, außerdem gibt es die Website Harvest Trail, die Dir alle Farmjobs in Deiner Nähe auflistet.
Äpfel stehen zur Ernte im Obstgarten bereit, doch die Idylle trügt.
Arbeiten auf Gemüsefeldern
Als Erntehelfer*in auf einem Gemüsefeld arbeiten, ist fast noch schlimmer als in einem Obstgarten. Du brauchst zwar keine Leiter mehr, dafür musst Du den ganzen Tag auf dem Boden herumkriechen und kannst Dich im schlimmsten Fall nicht oft genug aufrichten, sodass Du nach einiger kurzer Zeit brennende Rückenschmerzen hast. Zwar gibt es spezielle Erntebehelfsgeräte für die Feldarbeiter*innen, jedoch scheuen sich insbesondere australische Farmer davor, diese einzusetzen, da diese Geld kosten. Da in Australien zu jeder Zeit immer irgendein Backpacker und ein ungelernter Australier zur Verfügung steht, kommt von Seiten der Farmbetreiber wirklich nichts. Gar nichts. Mein Freund hatte gerade Farmarbeit auf einer Auberginenfarm in Queensland absolviert, als wir uns in Südaustralien kennenlernten. Er erzählte mir, dass er nicht nur ausgebeutet wurde, sondern auch ohne Schmerzmittel für seinen Rücken nicht mehr hatte überleben können. Er hatte den Job also nach kurzer Zeit gekündigt, wie fast alle anderen auch.
Natürlich ist der Vorteil auf den Gemüsefeldfarmen wieder, dass die Jobs 24/7 und überall zur Verfügung stehen und Du Cash-in-Hand arbeiten kannst, jedoch gibt es bei der Bezahlung Unterschiede: meistens wird pro Eimer abkassiert, jedoch gibt es auch stundenweise bezahlte Jobs. Mein Freund wurde damals mit dem Mindestlohn von $17,70 in Queensland bezahlt, jedoch war das wirklich Glückssache. Einen Job als Erntehelfer*in auf Gemüsefeldern findest Du ebenfalls auf Gumtree, Indeed und Harvest Trail.
Harte Arbeit: frische Tomaten direkt nach der Ernte vom Feld.
Arbeiten auf Tierfarmen
Wer Fleischesser*in und Milchtrinker*in ist, der kann auch auf einer Ranch anheuern. Hier gibt es verschiedene Arbeitsbereiche je nach Ranch: Betreuung von Zuchttieren, Scheren von Schafen, Pferdepflege, Ställe ausmisten oder Arbeiten an Zäunen, Koppeln und Landmaschinen. Oftmals ist auf Ranches schwere körperliche Arbeit zu verrichten, sodass meist nur Männer angeheuert werden. Ab und an werden aber auch Nannys für die Kinder oder Paare gesucht, die dann gemeinsam auf der Ranch arbeiten können. In der Regel ist diese Arbeit aber auch nichts für Zartbesaitete, da es hier um die Produktion von Fleisch und Milch geht, die den Tieren mitunter sehr zusetzt. Wer aushalten kann, das zu sehen, der hat aber einen klaren Vorteil: die Bezahlung. Bis zu 1000$ die Woche sind je nach Ranch möglich.
Jobs auf Ranches gibt es jedoch nicht wie Sand am Meer: zwar finden sich Einträge auf Gumtree, Indeed und Co., aber in 50% der Fälle sind Kenntnisse vonnöten, beispielsweise in der Milchwirtschaft oder im Umgang mit Landmaschinen. Hier werden auch oft Zertifikate und Ausbildungen gefordert. Aber keine Sorge, es ist nicht unmöglich. Ein Bekannter von mir hat monatelang auf einer Rinderfarm in New South Wales gearbeitet und mehr als 15.000$ verdient.
Eine weitere Alternative: Arbeit auf einer einsamen Rinderfarm mitten im Nirgendwo.
Die einfachste Lösung: Arbeiten in der Fabrik
Ich habe den Großteil meiner 88 Tage Farmarbeit in einer südaustralischen Kartoffel- und Zwiebelfabrik absolviert, wo ich auch meinen Freund kennengelernt habe. Auch, wenn ich anfangs ziemlich erschrocken war, wie ultralangweilig diese Arbeit ist und wie lange die Tage sind, war ich, als ich Birnen in Victoria geerntet habe, davon überzeugt, dass das der einzige Weg ist, sein Farmwork komfortabel und mit weitaus mehr Geld zu überstehen. Leider bin ich zu Weihnachten und Silvester nach Sydney abgereist und konnte danach nicht mehr zurück, weil die nächsten Backpacker schon meinen Platz eingenommen hatten.
Meine Tage in der Fabrik begannen zwischen 5 und 6 Uhr morgens und endeten zwischen 16 und 18 Uhr. Die Länge der Arbeitszeiten richtet sich nach der Anzahl der Kartoffeln und Zwiebeln, die in der Nacht geerntet wurden und die bearbeitet werden müssen. Da es zahlreiche Stationen gibt, vom Waschen über verschiedene Sortierbereiche an zahlreichen Fließbändern, dauert das halt den ganzen Tag. Um nicht vor Langeweile zu sterben, gibt es mehrmals kleine und eine große Pause, die dem klatschenden Affen im Kopf ein wenig Luft geben. Und auch, wenn die Arbeit monoton ist, hat sie einen klaren Vorteil: sie wird pro Stunde bezahlt. Zwar bekommst Du nur den Mindestlohn des jeweiligen Bundesstaats (in Südaustralien waren das $17,97), aber eine stundenweise Bezahlung ist viel wert. Die Backpacker sind nicht so gereizt und gestresst wie auf den Feldern und hier arbeiten ebenfalls viele Einheimische, weswegen die Atmosphäre weniger aufgeladen ist. Am Fließband stehen ist zwar kein Spaß, aber ich habe durchaus Freundschaften geschlossen.
Den Fabrikjob habe ich durch das Working Hostel Barossa Backpackers bekommen, was in Tunanda, im Herzen des Barossa Valleys liegt. Eigentlich sind Working Hostels übelste Abzocke (vor allem in Mildura, Victoria) und kassieren zu hohe Gebühren pro Nacht ab und sind meistens super dreckig, da alle Backpacker nach den langen Fabriktagen nur saufen und feiern wollen und die Hostelbesitzer sich nicht drum scheren, ob es sauber ist oder nicht, weil immer neue Backpacker nachkommen (es ist ein wahrer Teufelskreis), allerdings sind die Vorteile nicht von der Hand zu weisen: das Hostel vermittelt Dir Deinen Job, den Du meist auch verlängern kannst, wenn Du möchtest. Das heißt, du hast keinen Stress mit der Jobsuche und bekommst Deinen Platz in der Fabrik auf jeden Fall.
Gerade diese Tatsache kann ein Vorteil sein, denn an Fabrikjobs kommst Du nicht unbedingt leicht ran. Auf den klassischen Jobportalen finden sich zwar immer wieder Einträge, doch da diese Arbeit unter Backpackern besonders begehrt ist, da pro Stunde bezahlt wird, sind die Jobs schnell weg. Alternativ kannst Du, wenn Du nicht in ein Working Hostel möchtest, auch einfach sämtliche Fabriken im jeweiligen Bundesstaat ergooglen und dort anrufen oder Dich über die Internetseite bewerben.
Extra-Tipp: Meine Kartoffel- und Zwiebelfabrik war The Mitolo Group. Wer sich einfach in der Nähe in ein günstiges Hostel oder ein Apartment einquartiert (was sogar von Adelaide aus super einfach geht), der kann super viel Geld sparen und seine 88 Tage Farmwork schnell und bequem absolvieren.
Vom Working Hostel im Barossa Valley in die Kartoffel- und Zwiebelfabrik.
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